Ende des Jahres 2015 kontaktierte mich eine Kunsthistorikerin des LVR LandesMuseums Bonn mit dem Wunsch, für die ab Juni 2016 geplante Ausstellung „Eva’s Beauty Case“ eine Goldscheibenfibel sowie die Replik einer Edelstein-Fibel anzufertigen und parallel dazu den gesamten Herstellungsprozess detailliert zu dokumentieren.
Das so gewonnene Dokumentationsmaterial sollte dazu verwendet werden, in der obigen Ausstellung eine Schauvitrine mit einem Goldschmiedearbeitsplatz auszustatten und den Museumsbesuchern im Hintergrund einen Film über die Herstellungsschritte einer mittelalterlichen Gewandschließe (Scheibenfibel) zu präsentieren.
Zusätzlich sollte ein umfangreicher, 8-seitiger wissenschaftlicher Beitrag zur Entstehung einer solchen Prunkfibel in der Museumszeitschrift „Berichte aus dem LVR LandesMuseum Bonn“ veröffentlicht werden.

Während des Frühjahrs 2016 waren dann an mehreren Terminen Mitarbeiter des LVR LandesMuseums Bonn in meinem Atelier zu Gast, wann immer es wieder einen spannenden Fortschritt bei der Herstellung der beiden Goldfibeln gab. Dann wurde von einem professionellen Fotografen detaillierte Aufnahmen der diversen Bearbeitungsschritte gemacht und per Interview alle Details bei mir abgefragt.

Diese überaus spannende und gemeinsame Zeit mit den Mitarbeitern des Bonner Museums und die Professionalität der Herangehensweise an die wissenschaftliche fundierte Erstellung einer solchen Dokumentation wird mir immer als ganz besonderes Highlight in meinem bisherigen beruflichen Werdegang in Erinnerung bleiben.
So konnte ich zum Beispiel einen sehr genauen Einblick in die Vorbereitung einer größeren Ausstellung gewinnen und mal ganz viel von der wunderbaren und geheimnisvollen 😉 „Museumsluft“ schnuppern.
Ich werde mich immer mit großer Dankbarkeit an die intensive Zeit der Zusammenarbeit mit den „Museums-Profis“ erinnern und bin sehr stolz darauf, dass ich an einer solchen Publikation mitwirken durfte.
Wissenswertes über die Goldscheiben-Fibel
Die Goldscheiben-Fibel ist ein bemerkenswertes Schmuckstück der frühen europäischen Geschichte, das nicht nur durch seine künstlerische Gestaltung, sondern auch durch seine Funktion und Symbolik besticht. Diese Art von Fibel, die vor allem in der Merowingerzeit (5. bis 8. Jahrhundert n. Chr.) verbreitet war, diente ursprünglich als Verschluss für Kleidungsstücke, wurde jedoch schnell zu einem Statussymbol, das den gesellschaftlichen Rang seines Trägers zum Ausdruck brachte. Ihre Bezeichnung leitet sich von ihrer runden Form und der meist goldenen Oberfläche ab, die durch aufwendige Verarbeitungstechniken verziert wurde.
Eine Goldscheiben-Fibel besteht aus einer Basis aus Edelmetall oder Bronze, die mit einer hauchdünnen Schicht aus Gold überzogen ist. Auf der Oberfläche finden sich filigrane Verzierungen wie Gravuren, Punzdekor oder Emailarbeiten, die oft durch die Einarbeitung von Edelsteinen oder Glaseinlagen ergänzt werden. Besonders beliebt waren geometrische Muster, Tiermotive oder abstrakte Ornamente, die in der Kunst der Merowingerzeit eine zentrale Rolle spielten. Die Gestaltung einer Goldscheiben-Fibel war jedoch nicht rein dekorativ, sondern hatte auch eine symbolische Bedeutung. Viele der verwendeten Muster und Symbole wurden mit Schutzfunktionen oder magischen Kräften assoziiert, was die Fibel zu einem Talisman machte.
Die Goldscheibenfibel war ein unverzichtbares Accessoire in der Tracht der wohlhabenden und einflussreichen Schichten. Sie wurde meist paarweise getragen, um die Gewänder an den Schultern zusammenzuhalten, und war oft das prächtigste Schmuckstück eines Ensembles. Die aufwendige Gestaltung und die Verwendung kostbarer Materialien machten die Fibeln zu einem Zeichen von Macht und Reichtum. Besonders in den Gräbern hochrangiger Frauen aus der Merowingerzeit wurden prächtige Exemplare gefunden, die nicht nur als Schmuck, sondern auch als Grabbeigabe von Bedeutung waren.
Die Herstellung einer Goldscheiben-Fibel erforderte hochspezialisierte Handwerker, die sowohl in der Metallverarbeitung als auch in der Dekorationstechniken geschult waren. Goldschmiede der Zeit arbeiteten mit Techniken wie der Granulation, bei der winzige Goldkügelchen auf die Oberfläche der Fibel aufgelötet wurden, oder der Niello-Technik, bei der schwarze Emaille in feinste Gravuren eingelegt wurde, um Kontraste zu erzeugen. Diese Techniken zeugen von der hohen Kunstfertigkeit und dem technischen Wissen der Handwerker jener Epoche.
Archäologische Funde von Goldscheibenfibeln geben wertvolle Einblicke in die Kunst, Kultur und Gesellschaft der Merowingerzeit. Sie ermöglichen es, Rückschlüsse auf Handelsbeziehungen, handwerkliche Fertigkeiten und die soziale Struktur zu ziehen. Viele der gefundenen Fibeln zeigen eine bemerkenswerte stilistische Vielfalt, die regionale Unterschiede und Einflüsse verschiedener Kulturen widerspiegelt. Besonders in Gebieten, die Teil des Fränkischen Reiches waren, werden Goldscheibenfibeln häufig entdeckt, was auf ihre besondere Bedeutung in dieser Region hinweist.
Heute sind Goldscheibenfibeln in vielen archäologischen Museen zu bewundern, wo sie als bedeutende Artefakte der frühmittelalterlichen Kunstgeschichte gelten. Sie sind nicht nur Zeugnisse handwerklicher Meisterschaft, sondern auch kultureller Ausdruck einer Epoche, in der Schmuck weit mehr war als bloße Zierde. Die Goldscheiben-Fibel vereint Funktionalität, Ästhetik und symbolische Bedeutung und bleibt ein faszinierendes Objekt, das die Geschichte einer ganzen Epoche erzählt.