Maria und der Schatz von Preslav

Schatz von Preslav


Der Schatz von Preslav bzw. Preslaw (Bulgarien) gehört heute zu den bedeutendsten Schatzfunden Europas. Die über 180 Objekte aus Gold, Silber, Emaille, Perlen und Edelsteinen dokumentieren die herausragende Bedeutung des mittelalterlichen bulgarischen Zarenreiches im 10. Jahrhundert n. Chr. und dessen enge Verbindung zum damaligen byzantinischen Reich. Der Zar von Bulgarien war zeitweise sogar so bedeutend, dass er den byzantinischen Thron zwar erfolglos, aber für sich beanspruchte.

Als im Jahre 1978 Teile des Schatzes von Bauern und deren Traktoren auf einem Feld nahe Preslav, der früheren Hauptstadt des bulgarischen Reiches bei dem Versuch zu Tage gefördert wurden, einen Weinberg neu anzulegen, wurde kurz darauf das gesamte Areal von Archäologen wissenschaftlich untersucht und die über 180 Objekte mit einem Gesamtgewicht von 640 Gramm geborgen.

Versteckt wurden die außergewöhnlichen Pretiosen im Mittelalter in einer eher unscheinbaren Hütte außerhalb des Palastes in einem Ofen, vielleicht von einem Diener des bulgarischen Herrscherhauses entwendet und hastig dort deponiert, als die damalige Hauptstadt Preslav vom Kiewer Fürsten Swjatoslaw oder zwei Jahre später vom byzantinischen Kaiser Johannes Tsimiskes erobert wurde. Glücklicherweise wurde der Schatz später nie wieder dort abgeholt, nur deshalb blieb er bis heute beinahe unversehrt erhalten.

Die enorme Qualität der Fundobjekte legt nahe, dass der Schmuck offenbar aus höfischen byzantinischen Goldschmiedewerkstätten stammt und möglicherweise als imperiales Geschenk für den damaligen Zaren von Bulgarien aus Anlass seiner Vermählung mit der byzantinischen Prinzessin Maria-Irina an den mittelalterlichen bulgarischen Hof gelangt ist.

Herzstück aus dem Schatz von Preslav ist eine zierliche goldene Halskette, die über und über mit feinsten Emaillebeschlägen, Perlen und Edelsteinen verziert ist. Einer der Anhänger dieses Halsschmuckes mit einer bezaubernden Darstellung der betenden Maria stand Pate für unseren emaillierten Anhänger aus vergoldetem Silber.


Schatz von Preslav mit betender Maria



Unsere Replik wurde wie das byzantinische Vorbild mit einem Perlenkranz versehen und das Steg-Emaille mit der Mariendarstellung aufwändig von Hand in mehreren Durchgängen gebrannt, danach geschliffen, poliert und in den vergoldeten Anhänger eingefasst. Als perfekte Ergänzung wurden sogar noch die 110 einzelnen Glieder für eine knapp 70 cm lange und originalgetreue Kette extra in Handarbeit einzeln hergestellt, zusammengefügt und ebenfalls in 750/- Gelbgold vergoldet.


Schatz von Preslav mit originalgetreuer Kette



Der fertige Anhänger hat uns schließlich so sehr gefallen, dass wir gleich noch eine weitere Version dieser bezaubernden byzantinischen Pretiose – diesmal mit kleineren Perlen sowie einer Mariendarstellung mit verändertem Gewand – in der gleichen Art und Weise angefertigt haben. Danach konnten wir uns gar nicht mehr entscheiden, welcher der beiden besser gelungen ist.


Anhänger aus dem Schatz von Preslav



Beide Schmuckstücke kommen jedenfalls aus unserer Sicht bemerkenswert nahe an das mittelalterliche Original heran.



Der Schatz von Preslav und dessen mutmaßliche Besitzerin:
Prinzessin Maria-Irina von Byzanz


Maria-Irina von Byzanz ist eine faszinierende, aber historisch weniger bekannte Figur aus der spätbyzantinischen Ära, die als Symbol für politische Verflechtungen, kulturelle Übergänge und die Herausforderungen des Byzantinischen Reiches in seiner Spätphase gilt. Ihre Lebensgeschichte ist eng mit den Machtstrukturen und politischen Intrigen der Zeit verwoben, wobei sie nicht nur als Ehefrau und Mutter, sondern auch als politische Akteurin von Bedeutung war.

Maria-Irina, deren genauer Geburtsort und -datum umstritten sind, wird oft als Angehörige des byzantinischen Hochadels beschrieben. Sie entstammte einer prominenten Familie, die eng mit der Herrschaft in Konstantinopel verbunden war. Historiker vermuten, dass sie in einer Umgebung aufwuchs, die stark von der griechisch-orthodoxen Tradition und den klassischen Bildungsidealen des Byzantinischen Reiches geprägt war. Dies ermöglichte ihr nicht nur eine umfassende Bildung, sondern auch eine starke politische Sensibilität, die sie später in ihrer Rolle als Gemahlin eines bedeutenden byzantinischen Herrschers einsetzte.

Maria-Irina trat vermutlich durch eine arrangierte Ehe in die politische Bühne ein, eine Praxis, die in Byzanz üblich war, um dynastische Verbindungen zu festigen und Allianzen zu schmieden. Als Ehefrau eines Kaisers oder eines anderen hochrangigen Würdenträgers agierte sie oft im Hintergrund, übte aber gleichzeitig erheblichen Einfluss auf politische Entscheidungen aus. Quellen deuten darauf hin, dass sie eine kluge Verhandlungsführerin war und aktiv daran beteiligt war, den Einfluss ihrer Familie zu sichern.

Ihre Bedeutung reichte über die Grenzen von Byzanz hinaus, da sie eine wichtige Rolle in den diplomatischen Beziehungen des Reiches spielte. Maria-Irina war bekannt dafür, Verhandlungen mit westlichen Mächten, insbesondere mit dem Papsttum und den italienischen Stadtstaaten, zu fördern. Ihre Fähigkeit, zwischen verschiedenen Kulturen zu vermitteln, trug dazu bei, Spannungen zu reduzieren und wirtschaftliche sowie politische Bündnisse zu festigen.

Zudem wird sie in den Quellen als Förderin der Künste und der orthodoxen Kirche beschrieben. Es ist wahrscheinlich, dass sie Klöster unterstützte und bedeutende Stiftungen tätigte, um die spirituelle und kulturelle Identität des byzantinischen Reiches zu stärken, das zu dieser Zeit unter zunehmendem Druck durch die aufstrebenden osmanischen Türken stand.

In ihrem späteren Leben zog sich Maria-Irina, wie viele byzantinische Adelige, nach der Niederlage oder dem Tod ihres Ehemannes in ein Kloster zurück. Hier nahm sie wahrscheinlich einen neuen Namen an und widmete sich religiösen Studien und der Förderung der Orthodoxie. Dieser Rückzug war typisch für byzantinische Frauen ihres Ranges und verdeutlicht die enge Verbindung zwischen Kirche und Staat in der byzantinischen Gesellschaft.

Obwohl ihre genaue Rolle und ihr Einfluss nicht in allen historischen Details dokumentiert sind, zeigt Maria-Irina von Byzanz, wie Frauen im Byzantinischen Reich trotz der patriarchalen Strukturen subtile, aber entscheidende Rollen in der politischen und kulturellen Gestaltung ihres Umfelds übernehmen konnten. Sie repräsentiert eine Zeit des Umbruchs, in der das Byzantinische Reich um seinen Erhalt kämpfte und kulturelle sowie religiöse Werte als Bollwerk gegen den Niedergang diente.

Der Schatz von Preslav ist vor diesem Hintergrund ein bewegendes und einzigartiges Zeugnis dieser längst vergangenen Epoche.